Hintergrund: der gigantische Wertverlust der Elektroautos

Der Sturz ins Bodenlose

Hintergrund: der gigantische Wertverlust der Elektroautos: Der Sturz ins Bodenlose
Erstellt am 22. Juli 2025

Die meisten Autohersteller sind sich einig – den Elektroautos gehört die Zukunft. Doch während die Verkaufszahlen bei den Neufahrzeugen dümpeln, bekommen viele Autofahrer beim Wiederverkauf mit Stecker eine Schockstarre. Topmodelle verlieren aktuell mehr als 40 Prozent – im ersten Jahr.
Immer weniger Autos auf europäischen Straßen werden gekauft. Je teurer das Fahrzeug – je höher ist die Leasingquote. Hier und da wird finanziert und kaum mehr ein fahrbarer Untersatz wird bar gekauft. Das hat gute Gründe, denn der Wertverlust vieler Elektromodelle ist geradezu gigantisch. Das Problem dabei: irgendjemand muss den Wertverlust tragen und wenn dieser nicht beim Erstkäufer hängen bleibt, dann wird er spätestens für den Autohändler und damit indirekt auch für den Hersteller zum Problem.

Um die Schockpreise zu suchen, muss niemand lange in den großen Onlinebörsen wie Mobile oder Autoscout stöbern. Der schwarze Porsche Taycan als Basisversion aus Juli 2024 mit gerade einmal 12.000 Kilometern und sehr ansehnlicher Ausstattung ist mit knapp 86.000 Euro inklusiv Mehrwertsteuer inseriert. Es handelt sich bereits um die überarbeitete Version mit 320 kW / 435 PS und schnellerer Ladegeschwindigkeit. Als er ausgeliefert wurde, kostet er mehr als 120.000 Euro. Das ist im ersten Jahr ein Wertverlust von gut 30 Prozent. Noch heftiger sieht es bei einem Porsche Taycan 4S Cross Turismo aus, der zwar ein Jahr alt ist, jedoch erst 25 Kilometer gelaufen hat – ein verkapptes Neufahrzeug. Er steht bei einem Händler in Norddeutschland für 99.800 Euro mit einer Ausstattung, die ebenso kaum Wünsch offenlässt wie der Antrieb mit einem 440 kW / 598 PS starken Allradantrieb. Er kostete als offizielle Neuzulassung rund 160.000 Euro – ein Wertverlust von rund 40 Prozent als reales Neufahrzeug mit 25 km auf dem Wegstreckenzähler – kein Einzelfall, denn der Kunde kann im Netz frei wählen. Je teurer und exklusiver das Modell, desto höher ist der Wertverlust. Nach eineinhalb Jahren können es selbst 50 Prozent werden.

Bei BMW und seinem Topmodell i7 sieht es kaum anders aus. Ein BMW i7 xDrive M70 als absolutes Topmodell mit einer spektakulären Ausstattung, stattlichen 485 kW / 659 PS und gerade einmal 9.000 gefahrenen Kilometern kostet in Berlin 119.999 Euro. Der Neupreis: 203.000 Euro. Das ist ein Wertverlust von mehr als 40 Prozent in nicht einmal einem Jahr. Da kann auch ein Mercedes EQS 450+ problemlos mithalten, denn die elektrische Luxuslimousine mit zugegeben recht dünnen 265 kW / 360 PS ist kaum 15 Monate alt und 10.000 Kilometer gefahren. Lag der Neupreis bei 135.380 Euro, so kostet das Modell bei einem renommierten Mercedes-Händler im Großraum München nicht einmal mehr 76.000 Euro. Der Händler weist selbstbewusst auf einen Wertverlust von 44 Prozent hin - ohne auch nur einen Hauch gehandelt zu haben. Wer die Händler danach fragt, bekommt schmale Lippen zu sehen und die kurze Info, dass der Druck Fahrzeuge zu verkaufen, derzeit größer denn je sei.

Zugegeben ist das kein Problem, was allein Elektroautos der größeren Fahrzeugklassen in sich tragen, denn auch hier haben Porsche Panamera, BMW 7er, Audi A8 oder Mercedes S-Klasse mit üppigen Wertverlusten zu kämpfen. Doch die Verluste liegen bei den meisten vergleichbaren Verbrennerversionen bei 10 bis 12 Prozent weniger. Etwas anders sieht es mit kleineren Elektrofahrzeugen aus, doch auch hier verlieren die Fahrzeuge mit Stecker aktuell deutlich mehr als Fahrzeuge mit Diesel oder Benzinmotor. Ein Mercedes EQA 300 4matic mit solider Ausstattung, 168 kW / 228 PS und gerade einmal 8.500 Kilometern in einem Jahr kostet rund 33.000 Euro. Sein einstiger Neupreis: 55.000 Euro. Macht ebenfalls rund 40 Prozent Wertverlust.

Wer meint, das Minus in solchen Dimensionen ist allein bei der oberen Mittel- oder Luxusklasse zu finden, irrt. Ein Fiat 500e kostet aktuell im günstigsten Fall 27.000 Euro. Modelle ohne Laufleistung mit Tageszulassung sind problemlos für unter 19.000 Euro zu bekommen. Das sind ebenfalls schnell 30 Prozent weniger oder bei teureren Kleinstmodellen auch mehr. Der VW ID3 Pro S mit gerade einmal 900 Kilometern und guter Ausstattung kostet fünf Monate alt gerade noch 24.000 Euro – bei einem aktuellen Neupreis von 44.000 Euro – ebenfalls rund 40 Prozent Verlust in weniger als einem halben Jahr.

Etwas anders präsentiert sich die Situation bei Tesla und seinen Volumenmodellen Model 3 und Model Y. Eine solide ausgestattete Basisversion des Tesla Model Y in weiß mit Standard Range und Hinterradantrieb kostet aus dem Frühjahr 2024 zum Beispiel 33.750 Euro und hat mit seinem 220 kW / 229 PS starken Elektromotor gerade nicht einmal 17.000 Kilometer gefahren. Der aktuelle Neupreis: 46.000 Euro. Der Wertverlust von knapp über 20 Prozent fällt deshalb höher aus als vor ein paar Monaten, weil das Model Y umfangreich überarbeitet wurde. Trotzdem ist der Wertverlust spürbar geringer als bei der Konkurrenz. Dabei liegt der Hauptgrund nicht allein bei dem deutlich geringeren Neuwagenpreis beim Kauf im Web, sondern an der ebenso übersichtlichen wie transparenten Preisstruktur von Tesla. Zudem wird Tesla von vielen Kunden eine gemeinhin größere Elektrokompetenz zugesprochen als jenen Herstellern, die unverändert Modelle mit Elektromotor, Diesel, Benziner und Hybridantrieb anbieten.

Gut ist das für den Endkunden, denn er bekommt zumeist bereits beim Neuwagenkauf einen mächtigen Rabatt oder noch mehr Geld fürs Auto, wenn er sich einen jungen Gebrauchtwagen kauft, der zumeist nicht einmal 20.000 Kilometer gefahren hat. Ein gewaltiges Problem ist das jedoch für Autohersteller und deren Händler, denn sie bekommen viele Modelle nur mit gewaltigen Rabatten in die nationalen Märkte gedrückt. Neuwagenrabatte von mehr als 30 Prozent sind dabei keine Seltenheit, was sich letztlich negativ auf die Wertstabilität auswirkt. Gewerbekunden bekommen zumeist nochmals einen kräftigen Nachschlag, um die Modelle an sie loszubekommen. Doch damit wird das Problem nur verschoben, denn für die Fahrzeuge müssen gewaltige Rückstellungen in den Bilanzen gebildet werden, in denen die E-Autos mit oftmals völlig irrealen Buchwerten enthalten sind. So haben die meisten Autobauer bereits die internen Buchwerte korrigiert oder sie sind im Begriff dieses zu tun. Das schmälert das eigene Ergebnis und gerade die Hersteller, die vor einigen Jahren stark auf die Elektromobilität gesetzt haben, sind aktuell unter Druck.

Für die Autobranche könnte die Situation schlechter kaum sein. Niedrige Elektroverkaufszahlen, noch niedrigere Deckungsbeiträge, hohe Entwicklungsaufwände und deutlich weniger Geld, das die Händler während der Kundennutzung mit Wartung / Service verdienen können. Zudem haben elektrische Gebrauchtwagen längst den Ruf weg, nicht wertstabil zu sein und sich allein über den Preis verkaufen lassen zu können. Gerade für die Premium- und Luxushersteller ist das ein gewaltiges Problem, das sich schnell im Kopf der langjährigen Kunden festsetzt. Hier gegenzusteuern ist in der aktuellen Marktlage alles andere als einfach.


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