Teil 2
" ...kann ja nicht so schlimm werden" war der Grund, warum ich großzügig davon absah, mir einen Anhänger und ein Zugfahrzeug zu besorgen, sondern nach dem Telefonat mit dem Verkäufer des blauen Wunders direkt online eine One-Way Bahnticket nach Mannheim zu buchen, meinen Freund Ralf, der dort bei einer Versicherung arbeitet zwecks Abholung vom Bahnhof zu kontaktieren und mich auf das kleine Abenteuer zu freuen.
Der Plan war, das Auto meinem Freund Nikita - übrigens der beste Autoaufbereiter zwischen Atlantik und Ural (www.diamond-shine.de), der dem Kombi nach erfolgreicher Reparatur den nötigen Feinschliff geben sollte - spätestens um 20:00h vor das Firmentor zu stellen und danach ein Feierabend-Bierchen auf der Couch zu trinken.
"Gesagt - getan", sagt sich immer leichter, als es dann irgendwann wirklich mal getan sein wird - aber dazu später!
Die Bahnfahrt nach Mannheim verlief trotz sich langsam ankündigender Corona-Krise recht entspannt und Dank WLAN im Zug konnte ich mir auf der Fahrt bei Youtube auch noch die komplette Walter Röhrl Story ansehen. Reisen bildet.
Kaum in Mannheim angekommen, wartete auch schon Ralf auf mich am Treppenabgang des Bahnsteigs. Auf dem Weg zum Wohnort des Verkäufers in Nierstein machten wir noch Halt in Ralfs Garage, wo wir uns seinen Fuhrpark aus R107, /8, 380 SE, 280 SE W111 Coupé und 280 CE ansahen - allesamt tolle Autos, die alle hier eine eigene Story verdient hätten.
Bis zum Zombie-Kombi waren noch ein paar Kilometer zu fahren und wir entschieden uns für das 123er Coupé für die Fahrt. "Fängt ja super an", dachte ich, als wir kurz nach Sonnenuntergang bei vor-frühlingshaftem Wetter mit der Rheinfähre nach Nierstein übersetzten.
Der Mercedes-Benz E 240 T kommt in´s Rollen
Beim Verkäufer angekommen plauderten wir ein wenig und zu meiner Überraschung kannte der Verkäufer mich - oder zumindest meine Artikel, die ich immer wieder
über Mercedes und andere Klassiker veröffentlichte. Da es inzwischen stockdunkel war, musste eine grobe Durchsicht und ein knappes Briefing reichen.
Die Reifen, "...die mal getauscht werden sollten", erwiesen sich als Slicks mit dem Rest eines Schattens von Profil. ...egal, es war ja trocken und die Reifen hielten Luft! Positives Denken war schon immer eine meiner Stärken, mit der ich allerdings meine Lebensgefährtin Vanessa regelmäßig in den Wahnsinn treibe.
Bevor ich losfuhr, drückte ich noch schnell die vielen Fehlermeldungen weg, die das Display anzeigte. Es war jedenfalls keine dabei, die lebensbedrohlich klang - vor allem las ich kein " Sofort Werkstatt aufsuchen" in blinkendem rot - alles in Butter also. Wer in seiner Jugend schonmal mit zwei Kumpels im Suzuki SJ ohne Verdeck über den Autoput bis Athen gefahren ist und nur zum Pinkeln und Tanken angehalten hat, sollte sich doch so schnell nicht schocken lassen!
Flott noch ein paar Liter getankt, Snickers, Bifi und Mezzo Mix auf den Beifahrersitz geworfen, sicherheitshalber nochmal Öl, Wasser und Luft gecheckt - schon war ich auf meinem kleinen Abenteuer-fühl-dich-wie-25-Roadtrip.
Er läuft! Die ersten Kilomter im Zombie-Benz.
"...bin unterwegs, wir haben hier Bombenwetter - und wie siehts zuhause aus?" war das Erste, was ich meiner daheimgebliebenen Süßen in bester Laune zuträllerte, als ich auf die Bundesstraße abbog. Pause. "Hier schifft es schon, seit Du weg bist und es wird immer heftiger!", war die Antwort, die ich zu ignorieren versuchte, während vor meinem inneren Auge die Folge "Aquaplaning" aus der 70er Jahre Verkehrserziehungssendung "der 7. Sinn" anfing, in einer Endlosschleife zu laufen!
NOCH - denn ungefähr 20 Sekunden später sprang der Regensensor an, um die ersten Tröpfchen großzügig auf der Windschutzscheibe zu verschmieren.
Nach 10 Miuten wurde aus dem Intervall des Wischers ein durchgehendes "Quietsch-Schmier-Quietsch" und die Sicht verschlechterte sich von "-7 Dioptrin ohne Brille" auf "8 Promille; Sonnenbrille im Dunklen - mit falscher Sehstärke".
Interessanterweise entwickelt man in solchen Situationen einen Sinn für Dinge, die einem sonst nie auffallen würden.
...so z.B. für den Straßenbelag. Zwischen "Asphalt, grobkörnig, feucht" und "Betonplatte, klatschnass" lagen Welten, die sich mir vorher niemals erschlossen hätten.
Auch Aquaplaning ist nicht gleich Aquaplaning und so langsam dämmerte mir, warum die ängstlichen Sissies der Formel-1 bei Regen gerne mal an der Box hielten, um Regenreifen aufzuziehen. Selbst bei 80km/h kann nämlich ein Auto mit Slicks auf der Vorderachse viele Überraschungen bereithalten, was Spurtreue und Grip angeht und man wundert sich über die vielen 40-Tonner, die einen permanent in einem Affenzahn überholen.
"Nutzt nix - runter von der Bahn!", sagte ich mir und fuhr mit entspannten, aber deutlich sichereren 50km/h eine Weile parallel zur Autobahn gen Heimat weiter.
Doch nicht! Der Keilrippenriemen streikt.
Als sich der Regen wieder legte, fuhr ich - mit aller gebotenen Vorsicht - wieder zurück auf die A61. Das nächste Schild zeigte mir "Köln 85km". Na also, bis Köln wird ein Spaziergang. ...buchstäblich, denn viel schneller, als bei einem Sonntagsspaziergang traute ich mich eh nicht zu fahren, obwohl es fast trocken war. Von da ist es nur ein Katzensprung bis Mülheim.
Langsam kam wieder etwas Gefühl in meine verkrampften Hände mit schneeweißen Fingerknöcheln, die vorher das Lenkrad fast zerbröselt hätten. Jetzt konnte nichts mehr schief gehen!
Ich wunderte mich allerdings ein paar Minuten später, warum es immer dunkler wurde. Der Regen hatte ja nachgelassen und der Scheibenwischer sich inzwischen einigermaßen eingegrooved - da sah ich auch schon den Hinweis "Batterieladung schwach!" ...in rot im Display aufleuchten. Aaa-ha!
Gottseidank lag der Rasthof Ville nur zwei Kilometer vor mir, also fuhr ich ab. Noch in der Abfahrt stellt ich fest, dass die Lenkung saumäßig schwergängig wurde und die Temperatur auf fast 100 Grad raufschnellte. " Keilrippenriemen gerissen; keine Frage!"
Die Fahrt wird mit dem Abschleppdienst fortgesetzt
Ein Bisschen stolz auf die Schnelldiagnose war ich, als ich noch im Ausrollen beim ADAC einen Gelben Engel und das Ersatzteil bestellte. Inzwischen war ich an den zuständigen Abschleppdienst in der Region weiterverbunden worden.
"Juter Mann, wat stellen Sie sisch denn vor? Meinense, wir hann für jede olle Karre die Ersatzteile hier im Rejal liegen, oder watt? Nä - nix da. Abschlepper kommt; dauert unjefähr eine Stund. Fahrer ruft an, wenn ä da is."
So kam es dann auch! Das Ausmaß des Desasters habe ich mir natürlich zur Bestätigung meiner Diagnose vorher noch angesehen.
Wer schonmal "Indiana Jones - Jäger des verlorenen Schatzes" gesehen hat und sich an die Szenen mit den glitschigen Schlangen in einer Grube erinnert, weiss jetzt genau, wie der Motorraum aussah. Der zerfetzte Keilrippenriemen hatte zusammen mit dem (bekannten) Ölverlust für ein filmreifes Bild gesorgt. "Der arme Monteuer, der die Sauerei beseitigen muss", dachte ich mitleidig.
Der Abschleppwagenfahrer war ein netter Typ, mit dem ich mich in der mollig warmen Fahrerkabine angeregt über alles Mögliche unterhielt. Inkl. der marginalen Verzögerung auf der Fahrt, der kurzen Wartezeit am Rasthof und dem Aufladen war etwas mehr Zeit, als geplant vergangen. Wir kamen um Punkt 03.00h morgens auf Nikitas Hof an, womit ich mich nur knapp verschätzt hatte, was die Fahrzeit anging!
Netterweise setzte der Fahrer mich zuhause ab und nachdem ich noch schnell Hasenzähne für das Karnevalskostüm meines Sohnes gebastelt hatte, das er am nächsten Tag auf der Grundschul-Party tragen wollte, fiel ich um viertel nach vier in einen komatösen Tiefschlaf, noch bevor mein Kopf das Kissen berührt hatte...
Hier geht's zum Teil 3 der Zombie Kombi-Story
Teil 1 verpasst? Kein Problem, hier geht es zurück zum ersten Teil.
3 Kommentare
Mercedes-Fans.de
2. April 2020 18:26 (vor über 5 Jahren)
Geronimo
28. März 2020 23:13 (vor über 5 Jahren)
Wicki124
26. März 2020 23:10 (vor über 5 Jahren)
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